„Die Tarifkommission zeigte sich in einer Telefonkonferenz am gestrigen Abend maßlos verärgert über den Verlauf der Verhandlungen am 11. Juni 2020“, so Bernd Becker, Verhandlungsführer von ver.di
Ende Mai haben sich die Tarifparteien auf die Inhalte einer Vereinbarung zu kurzfristigen Entgeltsteigerungen und Einmalzahlungen geeinigt. Mit dieser Vereinbarung sollte auch der Raum für konstruktive und zielführende Tarifverhandlungen geschaffen werden. Am 11. Juni 2020 hat Ameos eine aufschiebende Bedingung eingearbeitet, nach der die Vereinbarung erst in Kraft tritt, wenn 95 % der Beschäftigten den statischen Tarifvertrag von 2012 anerkennen und dies schriftlich bei der Personalabteilung hinterlegen.
„Weder in den Verhandlungen im März, noch in den folgenden Wochen hat Ameos diese Bedingung aufgerufen. Wir haben uns einvernehmlich auf die Einkommenssteigerungen, die Einmalzahlungen und die Termine verständigt. Die Verhandlungen hierzu waren auf Grund der Pandemie extrem schwierig, da Verhandlungen am Verhandlungstisch nicht machbar waren. Die Tarifkommissionen von ver.di und Marburger Bund waren sich in den letzten Wochen der weiterhin anhaltenden Pandemiesituation bewusst. Die Versorgung der Patienten und der Schutz der Bevölkerung haben Vorrang. Die Aussetzung der Streiks auf Grund der gut begonnenen Gespräche war auch ein Vertrauensvorschuss gegenüber dem Arbeitgeber. Dieses Vertrauen ist mit den jetzt formulierten Bedingungen vorerst beschädigt“, sind sich Bernd Becker von ver.di und Andrea Huth vom Marburger Bund einig.
Diese Bedingung greift einerseits in die individuellen Ansprüche der Beschäftigten ein, andererseits ist sie von uns als Tarifpartei nicht erfüllbar. Es gibt dann eine Vereinbarung, von der niemand weiß, ob sie jemals zu Einkommenssteigerungen führt.
„Das wäre so, als wenn ich meinem Kollegen zehn Euro anbiete, er diese aber nur bekommt, wenn ein weiterer Kollege mögliche 20,00 € abgibt,“ erklärt Becker.
Ameos könne nicht erwarten, dass die verhandelnden Gewerkschaften ein solches Tarifdiktat unterzeichnen .
„Ameos hat sich 2012 entschieden, diesen Weg zu gehen. Man kann von uns nicht ernsthaft verlangen, dass wir den Kolleginnen und Kollegen in den Rücken fallen“, so Becker weiter.
„Im Übrigen geht die Rechnung von Ameos nicht auf. Wer jetzt über 8% erhält, hat noch lange nicht das Niveau eines Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst erreicht. Das ist am Ende weiterhin unsere Forderung, die wir aufrecht erhalten. Der Weg dahin ist gemeinsam bedingungsfrei auszugestalten.“
ver.di und Marburger Bund werden in Abstimmung mit der Tarifkommission der Arbeitgeberseite einen überarbeiteten Vereinbarungsentwurf für die in den Zahlen geeinten Entgelterhöhungen übermitteln.
Damit nehmen wir das Mandat für 45 % der in ver.di organisierten Beschäftigten in den Kliniken wahr.
Für den Fall, dass der Arbeitgeber bei seiner Position bleibt, haben beide Tarifkommissionen vorsorglich beschlossen, die Aussetzung der Streiks aufzuheben.