Das Arbeitsgericht Erfurt hat die Rechtsauffassung von Kirche, Diakonie und der Klinik am 9. Oktober 2024, dass die Kirche und Diakonie ihre Arbeitsbedingungen eigenständig regeln dürfen, zunächst bestätigt. Gegen diese Entscheidung hat die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) unverzüglich Berufung eingelegt.
Die Berufungsverhandlung vor dem Landesarbeitsgericht in Erfurt ist auf den 11. Oktober 2024 um 12:30 Uhr angesetzt.
Vorab einige Hintergründe. Die in ver.di organisierten Beschäftigten im Sophien- und Hufeland-Klinikum wollen stärker über ihre eigenen Arbeitsbedingungen mitentscheiden. Sie fordern Tarifverhandlungen auf Augenhöhe und den Abschluss eines Tarifvertrages. Sie akzeptieren nicht länger das von Kirche und Diakonie geschaffene Regelungsmodell der Arbeitsrechtssetzung im sogenannten Dritten Weg. Ein Verfahren, welches einseitig von der Evangelischen Kirche festgesetzt und insbesondere in Mitteldeutschland regelmäßig auch verschlechtert wurde Seit nunmehr 20 Jahren fordern die gewählten Mitarbeitervertretungen Augenhöhe in kirchlichen Arbeitsrechtssetzung, so unter anderem die Möglichkeit des Abschlusses von Tarifverträgen und deren Durchsetzungsmöglichkeit mittels Streiks. Bisher ohne Erfolg.
Anders als von ihr behauptet, gibt es in der Diakonie Mitteldeutschland keinen Konsens über den Dritten Weg. Wir stellen uns z. B. die Frage, wie ein Modell in dem z. B. Kirche und Diakonie mit einem sechsstelligen Betrag die Gründung und Mitgliederwerbung des Verbandes Kirchlicher Mitarbeitenden (VKM-EKD), einem Gegenüber der Arbeitgeberseite in der Arbeitsrechtlichen Kommission finanziert und dieser unabhängig die Rechte von Arbeitnehmern wahren soll. Hier geht es nach unserer Einschätzung nicht mehr allein um die Frage eines Selbstverwaltungsrechtes der Kirchen aus, sondern schlicht um die Frage von Kontroll- und Machterhalt.
Dies wird auch anhand einer anderen Zahl deutlich. Seit 1991 sank der Anteil der Gemeindemitglieder der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland und ihrer Vorgängerorganisationen (Landeskirche Thüringen und Kirchenprovinz Sachsen) an der Gesamtbevölkerung von 23,6% auf 14,7% im Jahr 2022 (Datenbasis EKM). Es muss die Frage erlaubt sein, woraus die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland gemeinsam mit der Diakonie ihre Ansprüche, insbesondere ihren eigenen Arbeitnehmern gegenüber, an sich noch herleiten will?